Red-Mon-Stadt, Schreibarbeit

Rina Morita: zwischen Flucht und Mut

Vor einiger Zeit habe ich hier auf dem Blog meinen Protagonisten Neel Talwar vorgestellt. Es wurde heftig diskutiert, ob er als Hauptperson überhaupt etwas taugt oder nicht, da er auf den ersten Blick nicht gerade ein Sympathieträger ist. Ich war daher erleichtert, mich entschieden zu haben, ihm erst nach einem Drittel des Romans eine Stimme zu geben. Davor wird die Geschichte aus der Perspektive von zwei anderen Personen geschildert. Eine von ihnen ist Rina Morita. Eine junge Frau, die verfolgt wird, jeden Menschen, den sie liebt, verloren hat und nie weiß, ob sie den nächsten Tag übersteht. In diesem Beitrag werde ich versuchen, sie euch näher vorzustellen und bin gespannt, was ihr zu sagen habt. Lasst euch ruhig aus. Ich freue mich über jeden Kommentar.


Rinas Überlebensformel

Damit ich mich auf die Figuren in meinen Projekten richtig einlassen kann, mache ich mir in einem allerersten Schritt Gedanken über ihren Grundkonflikt. Daraus entwickle ich dann ein Motto, welches sich in einem Satz zusammenfassen lässt. Rinas Motto ist eines, das durch ihre Angst geprägt ist: Flucht ist der einzige Weg, um am Leben zu bleiben. Weshalb sie an einer Überlebensformel festhält, die sie im ersten Kapitel bereits erwähnt. Es geht immer nur vorwärts, niemals zurück. Was bedeutet das im Detail? In der Welt von Red-Mon-Stadt zählt Rina zu einer unerwünschten Minderheit (Lorca). Ihnen wird unterstellt, sie hätten eine Krankheit, die wie die Pest zum Tod führt. Tatsächlich ist dies nur ein Ammenmärchen, doch es reicht, um die ganze Stadt gegen die Lorca aufzuwiegeln. Da alle Lorca sehr helle Haut und eine ungewöhnliche Augenfarbe haben, lassen sie sich noch dazu leicht erkennen. Und als im Jahr 2070 die Lorcaausdünnung beginnt, verliert Rina nach und nach jeden, der ihr wichtig war. Überleben konnte Rina nur, weil sie sofort davonläuft, wenn sich eine Tragödie andeutet. Deshalb lässt sie sich nicht auf andere Menschen ein und distanziert sich stark von dem, was um sie geschieht. Dass sie damit natürlich nicht durchkommt, sollte klar sein. Irgendjemanden braucht man immer an seiner Seite.

Ihre Rolle im Roman

Rina ist die Figur zwischen den Stühlen. Sie ist auf niemandes Seite und möchte im Grunde nur eins: Dass niemand mehr sterben muss. Im Gegensatz zu Neel Talwar dem korrekten Soldaten und der Rebellenfigur Tom Lichterfeld folgt sie keinen idealistischen Prinzipien, ist sehr sprunghaft in ihren Entscheidungen und ja, teils emotional.  Vielfach kann sie ihre Entscheidungen nicht einmal selbst erklären, was sie sicherlich zu der Figur macht, deren Verhalten am schwierigsten nachzuvollziehen ist. Rina ist jedoch die authentischste Erzählfigur in Silver Coin 203. Sie braucht keine Scheinidentität, um andere zu beeinflussen, sondern ist einfach sie selbst. Ob das eine gute oder eine schlechte Eigenschaft ist, möchte ich jetzt nicht bewerten. Aber ihr solltet wissen, alle andere Figuren im Roman setzen an vielen Stellen eine Maske auf, um einen bestimmten Eindruck, in einer bestimmten Situation zu erzielen. Rinas Entwicklung von einer Frau, die niemanden mehr an sich heranlässt, zu einer Person, die erneut ihr Leben für andere riskieren würde, bestimmt ihre Erzählstimme.


Die Herausforderung, Rina zu schreiben

Rina ist häufig neben der Spur, weil sie sich in Erinnerungen verliert, die flashbackartig auftauchen und nicht mehr sind, als unsortierte Fragmente. Sie ist sehr sparsam mit Worten und hat einen melancholischen Redestil. Noch dazu ist sie niemand mit Einfluss, hat kein Netzwerk, ist im Grunde völlig allein. Sie ist nicht der Polizist, der logisch sein Vorgehen plant und Strategien austüftelt, denn das passt nicht zu ihrem Charakter. Ihr Vorteil besteht in ihrer Andersartigkeit, denn durch diese wird sie von den Rebellen besonders zuvorkommend behandelt und kann sich so einige Fehltritte erlauben, die sonst niemand toleriert hätte. Kurz um: Sie ist ein schwieriger Charakter. Und ich sehe schon, wie eure Augen größer werden. Erst Neel Talwar, der irgendwie widersprüchlich ist und jetzt auch noch so eine verschlossene Person? Wie passt das denn zusammen? Nun, ich wollte in meinem Projekt viele Facetten zeigen. Die vier Erzählfiguren sind sehr unterschiedlich und ergänzen einander. Auch wenn ich weiß, dass ich die Geduld meiner Leser mit einer Figur wie Rina herausfordere, bin ich überzeugt, die Geschichte fügt sich nur so richtig zusammen. Und am Ende des mehrteiligen Projektes wird auch klar sein, warum das so ist. Also hoffentlich, meine ich. Ähem.

Einige weitere Details über Rina

Wenn Rina nervös wird, juckt sie die Haut am Unterarm und sie fängt unterbewusst an, die Stelle aufzukratzen. Ob das jetzt eine schöne Eigenschaft ist oder nicht, darüber lässt sich natürlich streiten. 🙂

Rina macht sich nicht viel aus Schönheit. Was für sie zählt, sind innere Werte. Ganz besonders dann, wenn das Gegenüber Eigenschaften hat, die sie selbst nicht mitbringt.

Rina lebte ein Jahr lang mit einer Gruppe von Lorca in einer kleinen Wohnung, wo sie von einem alten Mann namens Viktor versteckt worden ist. Mit ihm hat sie oft in der Wohnung zusammengesessen und über alles und jeden gesprochen. Viele Dinge, die sie über Red-Mon-Stadt weiß, kommen eigentlich von ihm. In der Geschichte wird das zwar nicht thematisiert, war mir jedoch immer im Hinterkopf.

Wieso wollte ich über eine Frau wie Rina schreiben?

Ich muss gestehen, dass die allerersten Kapitel meines Projekts aus Neel Talwars Sicht entstanden sind und ich mir dann dachte, dass es so nicht funktioniert. Mir wurde bewusst, dass seine Geschichte nur dann interessant wird, wenn seine Motive im Dunkeln bleiben. Eine zweite Person musste her, die diese Motive herausfinden sollte. Das ist Rina. Und ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich sie für stärker halte als Neel Talwar. Warum? Weil sie sich selbst treu geblieben ist.


rina
Das sollte sich Rina wirklich zu Herzen nehmen: „Angst hat zwei Bedeutungen: Vergiss alles und lauf oder Stelle dich allem und wachse. Es ist deine Entscheidung.“

Dieses Mal stelle ich euch hier kein Interview vor, sondern werde euch ein kurzes Gespräch zwischen Rina und Viktor vorstellen, welches so nicht im Roman vorkommen wird, aber wohl in einer Zeit vor dem eigentlichen Buch stattgefunden hat. Rina und er befinden sich in der kleinen Wohnung, wo sich Rina mit anderen versteckt hält.

Der alte Viktor legte die Stirn in Falten und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Sein gutmütiges Gesicht strahlte eine Ernsthaftigkeit aus, die Rina selten an ihm sah.

„Wir müssen sehr vorsichtig sein“, sagte er. „Die Gruppe, die sie da geschnappt haben war so gut versteckt wie wir. Wenn nicht sogar besser. Einige von ihnen kannte ich persönlich. Es waren gute Menschen und sie haben geglaubt, es sei sicher.“

Er deutete er auf die Schlagzeile, die ihr vom Monotab ins Auge sprang: „12 Lorca von Totenläufer entdeckt und nach Safecity überstellt.“ Ein anderer Wortlaut für: tot.

„Er wird uns nicht finden. Wenn wir aufpassen, wird es schon irgendwie gehen“, sagte sie dann, obwohl sie wusste, dass dieser Mann jederzeit auftauchen konnte. Vielleicht sogar in dieser Sekunde. Dazu brauchte er nur den Verdacht haben, hier in der Wohnung sei jemand versteckt.

„Du meinst den Totenläufer?“, fragte Viktor und Rina nickte stumm. Er lächelte und legte seinen Arm um sie. Es war nicht unangenehm, wenn er das tat, obwohl sie sonst jede Berührung verabscheute. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und für den Moment hingen sie beide ihren Gedanken nach. Wie gut es sich anfühlte, nicht allein zu sein.

„Was meinst du, was ist das für ein Mensch, der so etwas tut?“, sagte sie nach einer Weile und Viktors Antwort kam sofort: „Ein Monster Rina. Er ist ein Monster.“

„Ein Monster“, murmelte sie und dachte an all jene, die sie im Stich gelassen hatte. „Meinst du, ich hätte sie retten können?“, fragte sie nach einer Weile und er löste sich aus der Berührung, um sie ansehen zu können.

„Nein, das hättest du nicht, Rina. Du warst nicht diejenige, die abgedrückt hat, vergiss das niemals. Es ist diese Stadt, die uns alle umbringt.“

„Hm …“, machte sie nur und sah über seine Schulter hinweg durch die ausladende Glasfront, wo Wolkenkratzer an Wolkenkrazer stand und unten ein Gewimmel aus stecknadelgroßen Menschen von einem Ort zum anderen hastete. Wie lange hatte sie den Wind schon nicht mehr auf ihren Wangen gespürt? Ewigkeiten. Und wie lange würde es noch dauern, ehe sie ohne Angst durch die Straßen gehen konnte? Ewig-keiten.Beitragsbild aus Flickr.com von Elektrollart


Beitragsbild aus Flickr.com von Sean MacEntee

Quelle Zitat: The Chive

Schreibarbeit

Wenn Wörter irreführen: Von Augen und Blicken

Die deutsche Sprache kann einen manchmal in die Verzweiflung treiben. Doch neben den üblichen Verdächtigen wie „wegen“ mit Genitiv oder „dass“ vs. „das“, gibt es auch einige nicht ganz so offensichtliche Hürden. Eine davon ist die Wortbedeutung selbst. Gerade wenn wir glauben, einen in sich schlüssigen Satz geschrieben zu haben, stellt sich heraus, dass da irgendetwas nicht stimmt. Die Tatverdächtigen heute: „Augen“ und „Blick“.


Wenn Augen wandern

Es war einmal an einem Augusttag im Jahr 2016, als eine Autorin über ihrem Manuskript brütete und feststellte, dass sie womöglich zu oft das Wort „Blick“ in ihrem Text verwendete. Bemüht dies zu ändern, startete sie eine Suche in Word und begann, jeden Satz, in dem „Blick“ vorkam, akribisch herauszuarbeiten und sich eine Alternative zu überlegen. Ganz besonders gefiel ihr, nicht lange zu fackeln und das Wort zu ersetzen. Das erforderte nicht mehr als einen Klick. Schwupp und weg ist die böse Wiederholung. Bis ihr etwas Entscheidendes auffiel. Sie machte einen grundlegenden Fehler …

Kommen euch diese Sätze bekannt vor: „Meine Augen schweiften über die Szenerie“ und „Seine Augen wanderten zu ihr“? Stört euch daran etwas? Nichts, nein? Dann denkt ihr genauso wie ich. An alle anderen: Ihr seid uns schon einen Schritt voraus, denn in den Beispielen wird das Wort „Augen“ völlig falsch verwendet. Jedem Lektor rollen sich da die Fußnägel hoch. Warum? Ganz einfach, Körperteile können sich nicht selbstständig bewegen. Sie können nicht wandern oder schweifen oder laufen oder rennen oder oder oder. Wenn man sich das nämlich einmal genau vorstellt, also wie Augen losgelöst vom Körper auf Wanderschaft gehen, dann kommt da etwas unfreiwillig Komisches heraus. Oder wir lesen vielleicht gerade einen Horror Roman mit dem Titel „Die Augen des Todes“, und dort wandern sie geisterhaft durch die Flure eines Hotels und verfolgen den Protagonisten bis in den Tod! Ersetzt man nun das falsche Wort durch „Blick“ ergibt alles einen Sinn, denn logisch, der zeigt eine Richtung oder Bewegung an, ist also kein starres Objekt. Das klingt jetzt alles sehr nach Wortklauberei, ich weiß. Aber (!) es gibt Leser, die genau über solche „Unsinnigkeiten“ stolpern und genervt mit den Augen rollen, wenn sie so etwas entdecken. Und es wäre ja wirklich schade, wenn dadurch der Eindruck einer Szene schlechter ausfällt oder eine ernste Textpassage zum Lacher wird.


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Bei so einem Thema kann schon mal Verwirrung aufkommen. Zumindest bei mir.

Sprichwörter und Floskeln, in denen sich Augen von selbst bewegen

Es gibt allerdings Ausdrücke, die bei genauer Betrachtung keinen Sinn machen, aber funktionieren. Das ist bei Redewendungen der Fall. Sie haben sich in unseren Sprachgebrauch eingeschlichen und eine eigenständige Bedeutung entwickelt. Keiner würde sie jemals hinterfragen, denn sie stehen einfach fest. Dazu zählen bspw. „Ich fasse es ins Auge“ oder „Geh mir aus den Augen“ oder „Etwas aus den Augen verlieren“. Auch in diesen Sätzen wird eine Tätigkeiten durchgeführt, die logisch durchdacht nicht gemacht werden kann. Es ist ja nicht so, dass wir diesem „es“ wirklich ins Auge greifen, da wirklich jemand in unserem Auge sitzt oder uns etwas aus dem Auge herausfällt. Vielmehr handelt es sich um eine Kombination von Wörtern, deren Bedeutung sich nicht aus ihren Einzelteilen ergibt. Im konkreten Fall „Ich fass es ins Auge“ gleich „Ich ziehe es in Betracht“. „Geh mir aus den Augen“ gleich „Verschwinde“. „Etwas aus den Augen verlieren“ gleich „Nicht mehr daran denken/etwas vergessen usw.“


Alternativen für das Wort „Blick“

Nun aber zurück zu der Autorin, die noch immer vor einem Problem steht. Wie kann sie das verhasste Wort „Blick“ ersetzen? Gibt es da überhaupt gute Alternativen? Um eine Lösung zu finden, habe ich mir Rat gesucht. Zuerst bei den Autoren von Qindie und danach in einer Gruppe für Self-Publisher bei Facebook. Die wichtigsten Ergebnisse aus den beiden Diskussionen habe ich hier zusammengefasst:

  • Besser und literarisch geschickter ist es, die Person aktiv etwas tun zu lassen. So zum Beispiel, dass sie/er sein Gegenüber „taxiert“, „mustert“, „betrachtet“ und vieles mehr. Also nicht: „Ich warf ihm einen Blick zu“, sondern „Ich musterte ihn argwöhnisch“.
  • Wenn sich Figuren unterhalten, schauen sie sich meist an, weshalb es nicht notwendig ist, diese Tätigkeit zu beschreiben. Zum Beispiel: „Verschwinde“, sagte ich und warf ihm einen drohenden Blick zu. Der letzte Teil kann einfach gelöscht werden, ohne, dass der Inhalt verloren geht.
  • Anstelle des Blicks können andere Dinge beschrieben werden, die von der Erzählerfigur „gesehen“ werden. Bspw.: „Er strich über den Holztisch“ oder „Seine Miene war starr auf einen Punkt gerichtet“ oder „Sie lief durch den Raum und verschaffte sich einen Überblick von der Situation“.
  • In bestimmten Genres wird jedoch beabsichtigt darauf verzichtet, sich an die strengen Vorgaben der deutschen Sprache zu halten. Zitat: „Bei Romanzen oder leichter Chick-Lit bedient man sich bewusst an Klischees. Da bietet es sich an, Personifikationen und (gewagte) Metaphern zu benutzen. Da ‚tanzen Finger über die Haut‘, da ’streichelt man mit Blicken‘. Das ist kürzer und wirkt unmittelbarer. “ Victoria Linnea, Lektorin bei Qindie. Es sollte jedoch immer abgewogen werden, ob eine solche Formulierung in den Zusammenhang passt oder nicht.

Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass es kein Synonym für „Blick“ gibt. Um dieses Wort zu ersetzen, ist es nötig, sich in die Szene hineinzudenken und als erstes zu überlegen, ob die Tätigkeit gebraucht wird. Wenn nicht, sollte sie gestrichen werden. Wenn ja, sollte genau durchdacht werden, welche alternativen Möglichkeiten es gibt. Diese müssen natürlich zur Atmosphäre, den Figuren und dem eigenen Schreibstil passen. Einfach ist das nicht, aber es macht Spaß!


Ein praxisnahes Beispiel aus meiner aktuellen Überarbeitung

Damit ihr euch besser vorstellen könnt, was ich genau meine, gebe ich hier ein Beispiel aus meinem Manuskript.

  • Dabei immer in Bewegung bleiben, die Umgebung im Blick haben und keine wirren Gedanken zulassen.
  • Dabei immer in Bewegung bleiben, auf jede Person oder potentielle Bedrohung im Umkreis achten und nur keine wirren Gedanken zulassen.

Ich verabschiede mich an der Stelle und hoffe, ihr hattet Spaß mit meinem Beitrag.

+Mika+

Gedanken-Mix, Schreibarbeit

Einen Redaktionsplan? Den brauche ich nicht, oder doch?

Viele von uns betreiben Blogs aus Spaß. Sie möchten ihre Gedanken zu bestimmten Themen mit anderen teilen, wollen diskutieren, sich austauschen. Es ist kein harter Job und es gibt keine Deadlines. Aber es ist unsere Leidenschaft und die wollen wir natürlich so gut wie möglich an die Frau oder den Mann bringen. Ein bisschen Struktur kann da nicht schaden. Warum also nicht einfach einen Redaktionsplan entwerfen?


Wozu ein Redaktionsplan?

Im letzten Monat habe ich an einem Gründerseminar teilgenommen und konnte dort mit einem Blogger ins Gespräch kommen. Er erwähnte mehrfach, dass es ihm geholfen habe, einen „Redaktionsplan“ zu entwerfen und ich dachte bei mir: „Na, was bei ihm klappt, das könnte ja auch bei mir fruchten“. Aus dem Grund habe ich mich hingesetzt und mir darüber mal Gedanken gemacht. Wie jeder, der klein anfängt, startete ich mit der simplen Frage: „Was ist ein Redaktionsplan?“ und kam nach der Lektüre einiger Artikel zu folgendem Schluss: Es ist nicht mehr als ein Terminplan zur Veröffentlichung von Beiträgen.* Logisch, oder? Ist für euch mit Sicherheit keine Überraschung. Natürlich ist damit noch nicht geklärt, was so einen Plan ausmacht und wie man ihn denn nun eigentlich erstellt. Dazu später gleich mehr. Bleiben wir erstmal bei einem Fakt: Es macht Arbeit, so einen Plan zu erstellen. Wieso sollten wir die Zeit investieren, die wir genauso gut in den nächsten Beitrag stecken könnten oder in Recherche oder Themenfindung oder … Es gibt so endlos viele „oder“.

Der Grund ist tatsächlich das Leseerlebnis, und damit meine ich nicht das Gefühl beim Lesen, sondern das Drumherum. Für Leser ist es schwierig, wenn die Themen eines Blogs ständig wechseln. Frei nach dem Motto: Heute ein Beitrag über Pflanzen, morgen einer über Autos und übermorgen einer über Filme. Und das alles am besten noch unregelmäßig, dann, wann es gerade passt. Das macht niemand lange mit, denn Zeit ist kostbar und wir möchten lesen, was uns interessiert, genau dann, wann wir es erwarten und mit hoher Qualität. Oder täusche ich mich da? Da ein guter Redaktionsplan neben einem Datum auch die zu veröffentlichenden Themen enthält, vermeidet man ein sprunghaftes Verhalten beim Veröffentlichen und konzentriert sich auf das Wesentliche. Außerdem wird eine gewisse Regelmäßigkeit gewährleistet. Unser Blog bekommt also Struktur und ist nicht nur eine wackeliges Gerüst auf dem keiner gerne steht.


Bevor wir loslegen …

… gibt es einige Dinge, die wir klären sollten. Punkt 1) Realistisch einschätzen, wie viele Beiträge pro Woche oder Monat wir überhaupt schreiben können. Meist starten wir ja alle enthusiastisch und hochmotiviert mit unserem Projekt. Ich dachte mir beispielsweise im August des letzten Jahres, dass ich locker zwei Blogbeiträge pro Woche verfassen kann. Alles kein Problem! Nur um dann nach kurzer Zeit feststellen zu müssen, dass das zu viel ist. Ich wurde demotiviert und wollte sogar kurzzeitig aufgeben, bis ich mich besonnen habe und einfach ein realistisch Ziel anstrebte. Inzwischen veröffentliche ich etwa einen Beitrag pro Woche und fühle mich damit ganz wohl. Ganz persönlich halte ich nichts davon, das Blog täglich mit Beiträgen zu füllen, nur um „Content“ zu haben und mehr „Traffic“ zu generieren. Lieber durchdacht einen Beitrag im Monat veröffentlichen als viele eher belanglose Texte. (Klingt hart, ich weiß)

Punkt 2) Wer von euch neu mit einem Blog beginnt, sollte sich vor dem Erstellen eines Redaktionsplans fragen, welche Themen er gern ansprechen möchte. Wird es ein Buchblog mit Rezensionen, eines über Essen, Kosmetik, Technik oder doch, wie meins, ein Autorenblog mit Infos zum Schreiben und Veröffentlichen. Am besten ist es, wenn man zu Beginn ein nicht allzu breit gefächertes Themenfeld wählt. Ich sehe euch schon auf meine Kategorien schielen … ja, das ist etwas, was ich versuche umzusetzen, aber … nicht ganz so gut klappt … Ähem.


Und was muss da nun rein?

Ich dachte ja, so ein Redaktionsplan, da braucht man eine spezielle Software , in die man sich lange einarbeiten muss. In Gedanken hieß diese Software bei mir: RedactionType. Tatsache ist jedoch, dass eine einfache Exceltabelle dafür völlig ausreicht. Hier nun die Dinge, die in der Tabelle enthalten sein sollten.

  1. Termine zur Veröffentlichung: Je nachdem wie viele Beiträge ihr pro Woche veröffentlichen wollt, schreibt ihr das entsprechende Datum in die erste Spalte. Das ist eure Deadline, dann erscheint der Beitrag bei euch auf dem Blog.
  2. Termin zur Fertigstellung: Ihr fahrt sicher mal in den Urlaub und müsst den Beitrag daher vor Veröffentlichung fertig haben. Damit ihr nicht in Verzug geratet, könnt ihr dafür eine eigene Spalte anlegen. Ich habe da bereits eine Routine entwickelt und starte meist drei Tage vor dem Sonntag mit dem Schreiben. Das klappt ganz gut. Und im Urlaub mache ich einfach Pause. Sollte ja auch drin sein.
  3. Thema des Beitrags: Hier gehört dann euer Thema hin. Gut ist es, wenn ihr euch eine zweite Mappe erstellt und dort eine Themensammlung macht, damit ihr Lücken füllen könnt, die jetzt noch bestehen. Wenn ihr außerdem saisonale Events plant, könnt ihr die bei der Themenwahl mit berücksichtigen. Der Dezember wird ja gern für alles mögliche benutzt.
  4. Arbeitstitel: Ist der vorläufige Titel des Beitrags.
  5. Länge: In den Artikeln zum Thema Redaktionsplan wird dieser Punkt nie erwähnt. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es ein ungeschriebenes Gesetz bei Beiträgen gibt (700 bis 1200 Wörter pro Beitrag), aber für mich ist das nicht unerheblich. Ein gut recherchierter Beitrag mit vielen Wörtern braucht einfach sehr viel Zeit. Ich mache daher ab jetzt einen Wechsel zwischen langen und kürzen Beiträgen. Ab und an gibt es dann noch Neuigkeiten, die in Zukunft am Donnerstag erscheinen.
  6. Keywords: Über welche Schlüsselwörter soll euer Beitrag im World Wide Web gefunden werden? Das gehört hier rein. Ein Thema, das sehr vielfältig ist und das ich hier nur kurz am Rand anschneiden kann.
  7. Plattformen: Wenn ihr plant euren Beitrag nicht nur auf WordPress zu teilen, sondern ihn auch in Foren, Facebook, Google+ oder anderweitig der Welt zu zeigen, habt ihr hier die Stelle, wo ihr das festhalten könnt.
BeitragRedaktionsplan2
Ihr seht bei mir gibt es noch den Punkt Länge und Zeitaufwand. Dadurch kann ich besser planen, wann ich mit dem Schreiben starten muss.

 


Ein paar Gedanken zum Schluss

Ich habe für die Erstellung meines Redaktionsplans etwa zwei Stunden gebraucht. Das war weniger als erwartet. Inbegriffen ist die Einrichtung einer Erinnerungsfunktion auf meinem Smartphone, die mich nun sanft jeden Sonntag weckt, um mir zu sagen: Du hast da ja noch …  Die Planung reicht bist August 2017. Ich habe natürlich noch nicht jeden Tag mit einem Thema besetzt, aber ich weiß, was in den nächsten Wochen passiert und ich freue mich, die geplanten Beiträge umzusetzen. Mal sehen, ob ich ab jetzt nicht mehr einen Tag vor Knack in Panik verfalle, weil ich noch immer kein Thema gefunden habe. Es bleibt also spannend.

Bei der ganzen Planerei sollten wir aber eins nicht vergessen: wir sollten flexibel bleiben. Blogs sind ja gerade deshalb interessant, weil sie sehr aktuell sind und sich immer mit dem beschäftigen, was gerade so im eigenen Themenfeld passiert. Wer also zu fest auf seinem Gerüst steht, wird vielleicht langweilig?

Ich wünsche euch was und vielen Dank, dass ihr bis hierher gelesen habt.

+Mika+


Beitragsbild:

Izabela Wasilewska bei flickr.com.

*Es gibt tatsächlich keinen deutschen Wikipediaeintrag zu dem Wort: Redaktionsplan. Wieso?

Quellen:

Iamdigital

blog.hubspot

affenblog

onlinemarketing-praxis.de

Gedanken-Mix, Schreibarbeit

Selbstzensur: Wieso wir uns beim Schreiben selbst Grenzen setzen

Es gibt Dinge, über die darf ich nicht schreiben. Wieso? Na, das ist eben so. In einen Krimi gehört keine explizite Sexszene, genauso wie in eine romantische Liebesgeschichte kein brutaler Mord passt. Ganz zu schweigen von einem anspruchsvollen Gegenwartsroman, der ja nun wirklich nicht zu viele Klischees bedienen sollte. Passt nicht, gibt’s nicht, soll so nicht sein.

Diese und ähnliche Gedanken machen wir uns beim Schreiben jeden Tag. Einige sagen, in der Literatur gäbe es keine Tabus, andere meinen, Grenzen seien wichtig, um die Erwartungen von Lesern zu erfüllen. Es scheint immer wichtiger zu werden, warum wir etwas nicht tun, als die Frage, warum wir etwas tun. Selbstzensur ist das Thema, das sich dahinter verbirgt. Nur ist das wirklich so dramatisch, wie es klingt?


Selbstzensur: Ein Widerspruch in sich

Zu Beginn eine Kleinigkeit: Ich hatte einen Knoten im Kopf, als ich Selbstzensur zum ersten Mal gehört habe. Wie soll man sich denn selbst zensieren? Geht nicht, dachte ich mir. Immerhin bezeichnet die Zensur etwas, was durch eine Institution oder ein Organ vorgenommen wird. Inhalte werden dabei gezielt kontrolliert und beschnitten. „Streich das! Mach das nicht! Das ist zu kritisch, bloß weg damit!“ Sind Aufforderungen, die ganz gut passen. Es ist ein negativer Begriff, der Einfluss auf die Freiheit hat. Dass man selbst derlei Druck auf sich ausübt, ist für mich ein Widerspruch in sich. Aber halt! Ich habe mich getäuscht. Wenn ich in Ruhe darüber nachdenke, ist er nicht so unsinnig, wie es auf den ersten Blick den Eindruck macht. Werfen wir einen Blick auf das Wort Selbstbestrafung . Es ist ähnlich konstruiert. Bestrafungen werden in der Regel durch andere durchgeführt. Durch die Gesellschaft, Menschen, Institutionen. Psychologisch gesehen, ist es jedoch auch möglich, sein eigenes Verhalten zu bestrafen.


Brisant ist interessant

Im Grunde geht es also darum, ob jemand etwas bewusst oder auch unbewusst aus seinem Romanprojekt streicht, um damit gesellschaftlich weniger aufzufallen, weniger anzuecken, mehr Akzeptanz zu bekommen. Sagt meine Protagonistin wirklich ‚Penner‘ oder ‚Nigger‘, weil sie eine rechtsradikale Schlägerin ist oder lasse ich das lieber, damit sich niemand am Wortlaut stört?

Ein Gedanke aus meinem eigenen Schreibprozess: Eine meiner Protagonistinnen hat in ihrer Vergangenheit ein Tier gequält. Vermutlich aus Frustration über ihre eigene ausweglose Situation. Diese Erfahrung hat sie und ihr zwischenmenschliches Vorgehen stark geprägt. Ich weiß, dass eine solche Szene negativ auffallen wird. Stephen King ist das passiert, als einer seiner Protagonisten in einem Buch einen Hund quälte. Er bekam daraufhin Hassbotschaften. Natürlich möchte ich nicht, dass mir das Gleiche passiert, andererseits ist diese Frau eben eine gefühlskalte Person. Das ist ein Konflikt. Auch jetzt, wo ich diese Worte hier im Blog niederschreibe, fühlt es sich nicht richtig an, eine solche Szene in mein Buch einzubinden. Ich fürchte mich davor, die Quälerei zu erwähnen und zensiere mich selbst, indem ich diesen Aspekt lösche. Nicht etwa, weil es für die Geschichte nicht wichtig ist, sondern weil ich mich fürchte, einen schlechten Eindruck zu machen. Dabei ist es nur eine fiktive Geschichte. Mal ganz davon abgesehen, dass es tatsächlich Menschen gibt, die Tieren schaden. Das ist traurige Realität.

Um zur Selbstzensur zurückzukommen. Es macht durchaus Sinn, zu hinterfragen, aus welchen Gründen bestimmte Dinge von uns selbst gelöscht werden. Wer etwas nicht schreibt, weil es zu brisant ist, läuft Gefahr, nicht ehrlich mit sich und seiner Geschichte zu sein. Eventuell entsteht ein langweiliges Werk ohne Höhen und Tiefen. Zu glatt, zu sauber, zu perfekt. Wer kann damit Menschen aufrütteln? Keiner, denke ich.


Rules

Sich an Schreibregeln und Genregrenzen zu halten, ist keine Zensur

Einige Dinge fallen mir in der Diskussion dennoch negativ auf und verursachen ein Stirnrunzeln. Es ist meiner Ansicht nach keine Zensur, wenn wir uns an Regeln des Schreibens und genrespezifische Grenzen halten. Wer beides überschreitet, ist entweder extrem gut oder, ich muss es sagen, kennt sich nicht aus. Ich kann nicht eine Fantasywelt aufbauen und urplötzlich eine machthungrige Maus einführen, die vom Planet Mauswahn kommt und mit einer Laserstrahlenpistole auf einen Ork zielt. Na gut, ja, das kann ich schon, die Frage ist doch aber, will das jemand lesen? Sehr wahrscheinlich nicht. Und ja, ich kann radikal alle meine Hauptpersonen umbringen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich kann auch Figuren auftauchen lassen, die nichts mit dem eigentlichen Geschehen zu tun haben, pöbeln, brutalen Sex haben, sich die Köpfe blutig schlagen und einfach wieder verschwinden, ohne eine weitere Erwähnung. Kein Problem, aber mehr als einen verwirrten Blick und frustrierte Leser wird das wohl nicht bringen.

Die Frage ist immer, ob man sich freiwillig entscheidet, Dinge zu löschen oder es nur tut, weil man sich gesellschaftlich dazu gedrängt fühlt. Eine Geschichte über einen pädophilen Massenmörder? Nein Danke. Islamkritik? Nein danke. Veganerin trifft Kannibalen? Auch nicht. Zu sagen, wo freiwillig anfängt und wo es aufhört, ist dabei unmöglich. Überall werden wir durch irgendetwas beeinflusst. Wir sollten uns in erste Linie mit der Entscheidung wohlfühlen und sie nicht bereuen. Es ist richtig zu sagen, die Geschichte ist einfach so wie sie ist, egal, ob manche sich daran stören. Wir sollten dazu stehen und mutig sein, die ‚unpassenden‘ Dinge anzusprechen. Es ist allerdings nicht sinnvoll, Schreibregeln zu missachten, nur weil man denkt: „Pah, ich mach das jetzt eben so.“ Wenn ich nicht weiß, wo eine Straße anfängt und wo sie aufhört, werde ich womöglich überfahren.

Mein Eindruck ist, dass die Kritik einer sogenannten Selbstzensur im Bereich Self-Publishing zum Teil (!) dazu genutzt wird, um zu rechtfertigen, warum man bestimmte, unlogische Dinge in Romanen eben doch tut. Es ist Kunst, ich wollte mich nicht selbst zensieren. Von Lesern höre ich demgegenüber immer öfter, Bücher seien Versprechen und mit diesem sind eben auch gewisse Erwartungen verknüpft. Jemand, der einen aufwühlenden Thriller in den Händen hält, wird wohl wütend werden, wenn in diesem eine ausschweifende Dreiecksbeziehung vorkommt. Gedankenlos einfach zu schreiben, was einem gerade einfällt, kann problematisch sein (muss nicht, kann aber …). Für mich ist es daher keine Selbstzensur, zu durchdenken, wie der Roman ankommen könnte. Ich fühle mich dadurch auch nicht meiner Freiheit beraubt. Es gibt tatsächlich viel schwerwiegendere Gründe, sich gegen bestimmte Szenen zu entscheiden. Aus Angst vor gesellschaftlichen Konsequenzen zum Beispiel.

Bis dahin

+Mika+


Nützliche Links

Selbstzensur der Medien

FaZ

Spiegel

Bilder:

Filtern ist keine Lösung: Karsten Suehring

To break the rules you must first master them: Lefteris Heritakis

Gedanken-Mix, Schreibarbeit

Antagonistische Kräfte: Die Welt als Feind

Nachdem ich mich in meinem letzten Blogbeitrag mit einem kritisch diskutierten Thema auseinandergesetzt habe, geht es heute etwas ruhiger zu. Langweilig wird es deshalb nicht. Anlässlich einer Blogparade werde ich mich heute mit einem Teilaspekt des komplexen Themengebiets Antagonisten beschäftigen. Eines, das meiner Ansicht nach oft vernachlässigt wird: die antagonistischen Kräfte in Geschichten.


Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich an den Gegenspieler der Hauptfigur eines Romans denke, dann habe ich zuallererst das Bild einer Person im Kopf. Logisch, das Wort bezeichnet etwas Konkretes und bezieht sich nicht auf ein abstraktes Konzept. Trotzdem gibt es Bücher, in denen nicht etwa eine Person das Kontra zum Protagonisten darstellt, sondern eine antagonistische Kraft. Nur was genau könnt ihr euch darunter vorstellen? Im Gegensatz zu einem Antagonisten als Mensch, Tier o. ä., der/das spricht, ein Gesicht hat und daher leicht im Buch auszumachen ist, sind antagonistische Kräfte nicht ganz so leicht zu erkennen. Es handelt sich um eine natürliche, technische, gesellschaftliche ‚Sache‘, die pauschal gesagt, dem Glück des Protagonisten im Weg steht. Meiner Ansicht nach haben diese Kräfte drei Ebenen: natürliche Hindernisse, vom Menschen geschaffene Hindernisse und persönliche Hindernisse. Was ich mir darunter vorstelle erkläre ich kurz und gebe dazu auch ein paar Beispiele.

Natürliche Hindernisse: Hierzu zählt alles, worauf der Mensch selbst keinen Einfluss hat/hatte. Höhere Mächte, göttliches Handeln, biologische Gegebenheiten. Dinge, die im Grunde sind wie sie sind.

  • Krankheit: Ob eine todbringende Krankheit, die zu spät diagnostiziert wird, Alzheimer, eine Behinderung oder gar eine psychische Störung, sie alle können gegen das Glück des Haupthelden wirken und haben oft einen sehr dramatischen Einfluss auf die Handlung.
  • Naturkatastrophen: Zerstört ein Tornado, eine Flut oder ein Tsunami die Existenz einer Hauptperson, hat diese es nicht einfach. Besonders dann nicht, wenn eine Reihe von Katastrophen aufeinanderfolgen.

Vom Menschen Geschaffene Hindernisse: Ob technische Errungenschaften, deren Sklave wir werden, ein unmenschliches Staatssystem, Kriege oder Armut. Das alles sind Dinge oder Konzepte, die Menschen beeinflussen und meist künstlich geschaffen worden sind.

  • Die Gesellschaft: Wer kennt es nicht selbst? Unserer Gesellschaft sind Grenzen gesetzt. Sie gibt uns vor, wie wir uns zu verhalten haben, was falsch ist und was nicht. In Romanen können diese Grenzen den Antagonisten einschränken und damit gegen seine Ziele wirken.
  • Das Umfeld: Dazu zählen Familie, Freunde, Verwandte, Bekannte, vielleicht auch der Ton auf der Arbeitsstelle. Wer in einem Umfeld aufwächst, das Homosexualität ablehnt, selbst jedoch sein Coming Out plant, wird dieses als Hemmnis wahrnehmen.
  • Invasionen/Krieg: Wenn die feindliche Armee nicht gerade Personen hat, die einen Namen tragen und gezielt gegen den Protagonisten wirken, ist auch das eine antagonistische Kraft. Denken wir nur an Duddits Dreamcatcher, wo sich intelligente Aliensporen als Gegner der Menschheit entpuppten und zu ihrem Vorteil beeinflussten.

Persönliche Hindernisse (Psyche): Der Verstand ist unser Gefängnis. Wer glaubt, die Welt ist schwarz, feindlich und bösartig, der empfindet das nicht einfach nur so. Es ist eine Tatsache, die einen Menschen zerstören kann.

  • Phobien: Ängste gehören zum Beispiel dazu. Eine Person, die vor Panik nicht mehr den Raum verlassen kann, weil sich das Draußen wie ein Feind anfühlt, braucht viel Kraft, um diesen inneren Gegenspieler zu besiegen.
  • Die Vergangenheit: Unsere Erfahrungen prägen uns maßgeblich. Manche leben so sehr in der Vergangenheit, dass sie das Jetzt nicht mehr ertragen. Sie sind heimgesucht von quälenden Erinnerungen und können sich auf nichts Neues einlassen. Denn es könnte immer wieder passieren.

Ihr seht, hinter beinahe allen Dingen verbergen sich antagonistische Kräfte. Gerade sitze ich in meinem Wohnzimmer und tippe diesen Beitrag, den ich natürlich unbedingt heute noch fertigstellen möchte. Man stelle sich nun vor, das Stromkabel gibt den Geist auf und der Akku hält nur noch eine halbe Stunde. Der Kampf mit der Zeit beginnt und am Ende scheitert alles, weil der Laptop zu früh von alleine herunterfährt. Was für ein Drama!


Die Gesellschaft als antagonistische Kraft

Ich wollte diesen Beitrag schreiben, weil ich Dystopien liebe. Ein Genre, in dem es oft nicht Personen sind, die gegen Protagonisten wirken, sondern politische Gegebenheiten, gesellschaftliche Normen oder Systeme. Wie so etwas aussehen kann, möchte ich an einem prominenten Beispiel einmal aufschlüsseln.

In Fahrenheit 451 von Ray Bradbury ist die antagonistische Kraft eindeutig: Ein politisches System, in dem alle Menschen gleichgeschaltet leben sollen, um Unzufriedenheit im Keim zu ersticken. Deshalb werden eigene Gedanken unterdrückt und das Lesen von Büchern ist verboten. Wer ein Buch besitzt, macht sich strafbar, wird von der Feuerwehr aufgespürt und verschwindet spurlos. Es gäbe mehrere Möglichkeiten, daraus eine spannende Geschichte zu entwickeln.

  1. Der Protagonist ist eine Figur, die in diesem System geboren ist, aber in einer Familie aufwächst, die dennoch Bücher sammelt. Dieses Geheimnis wird aufgedeckt und der Held wird plötzlich vom Staat bedroht.
  2. Die Hauptfigur ist jemand, die durch unglückliche Umstände in der Welt landet und sich mit den Gepflogenheiten nicht abfinden kann (Zeitreise zum Beispiel).
  3. Es handelt sich um jemanden, der eigentlich mit dem System einverstanden ist, durch einen Schlüsselmoment darauf stößt, dass dieses nicht funktioniert. Er entscheidet sich, es nicht mehr zu akzeptieren.

Ray Bradbury wählte das letzte Szenario. Sein Held ist ein Feuerwehrmann, der damit beauftragt ist, Bücher zu verbrennen. Er ist verheiratet, ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft und hätte keinen Grund, am System zu zweifeln. Trotzdem wirft ihn der Kontakt mit einer jungen Frau aus der Bahn. Zwischen ihnen gibt es keine Liebesbeziehung, doch ihre Gespräche sind so intensiv, dass er alles in Frage stellt. Plötzlich bemerkt er, wie unglücklich er ist, weil er emotionslos und in Highspeed durch die Zeit rauscht, ohne darüber nachzudenken. Im Grunde wirkt die antagonistische Kraft des Buches erst, als der Protagonist selbst entscheidet, sich gegen die Gesellschaft zu wehren, die ihm dann in Form eines Roboterhundes und seines Chefs Steine in den Weg legt. Das erzeugt Spannung, denn zuerst fallen wir ahnungslos in diese Welt und sind schon fast schockiert, wie ’normal‘ dieses gefühlskalte Leben für den Feuerwehrmann ist. Eine Erleichterung also, dass er sich wehrt.


Ein Fazit

Und wozu jetzt der ganze Aufwand, wenn es im Grunde doch viel einfacher ist, dem Protagonisten einen Antagonisten gegenüberzustellen, der einfach nur der Böse ist? Der Inbegriff eines Psychopathen sozusagen, der alles daran setzt, den Protagonisten zu Fall zu bringen. Ganz einfach, ein schwarz-weiß Schema ist oft langweilig und schnell zu durchschauen. Wenn wir wissen, dass der Antagonist böse ist und damit eindeutig verlieren wird, haben wir kein Interesse mehr daran, das Buch zu Ende zu lesen. Eine antagonistische Kraft ist im Gegensatz dazu sehr schwer zu begreifen. Sie hat kein Motiv und kein Ziel und entzieht sich so gut wie jedem äußeren Einfluss. Eine Krankheit kommt einfach, ein Tornado genauso, die Gesellschaft ist träge und nicht von einem Augenblick auf die andere zu ändern. Doch genau darum geht es, die Unberechenbarkeit, das Ungewisse, die Frage, ob der Held es trotz aller Widrigkeiten schafft. So wie wir selbst in unserem Leben uns immer wieder persönlichen Antagonisten gegenübersehen.

Vielleicht habt ihr ja noch Beispiele aus Büchern, in denen antagonistische Kräfte wirken, die nicht zu den hier im Beitrag erwähnten gehören. Schreibt sie doch einfach in den Kommentar. Ich freue mich auf eure Meinung.