Ein Jahr habe ich gekämpft, Freudentränen geweint, verzweifelte Wutanfälle erlebt und jedes Wort tausendmal umgedreht. Ich habe gezweifelt, mich selbst gestresst und so manches Mal beinahe alles abgebrochen. Vor allem, weil ich mich gefragt habe, ob euch das, was ich da in Word eintippe, überhaupt interessiert. Die Geschichte eines Soldaten, der gezwungen ist, unaussprechliche Dinge zu tun und die Geschichte einer Frau, die ihm nicht vergeben will, aber es dennoch tut. Ist das überhaupt etwas, was jemand gern lesen möchte, oder doch nur der nächste billige Abklatsch von Tribute von Panem? Nun werden sich diese Frage beantworten, denn seit ein paar Tagen ist mein Buch Totenläufer als Ebook erschienen. Derzeit pendle ich zwischen einem Gefühl von Euphorie, Nervosität und … auch ein wenig Panik. Denn all die Wochen, die ich mich mit diesem Projekt beschäftigt habe, waren nicht allein für mich. Nein. Ein Buch lebt erst, wenn jemand es in die Hand nimmt und darin liest. Erst dann werden die toten Zeilen zu etwas Fantasievollem, Furchtbaren oder auch Bewegenden. Davor ist es nur Papier oder eine Datei mit dem Namen Totenläufer.epub. Nur ein Objekt ohne Seele. Die Fantasie darin entfaltet sich erst, wenn ihr es lest. Da gibt es keinen Zweifel.
Wer mich kennt weiß, dass ich es im Grunde verabscheue, Werbung für mich selbst oder meine Bücher zu machen. Es kommt mir aufdringlich vor, sich hinzustellen und mit stolz geschwelter Brust zu verkünden, wie toll das eigene Machwerk eigentlich ist. Vor allem, weil der innere Kritiker in mir meist laut schreit: „Das geht noch viel, viel, viel besser! Du bist noch lange nicht gut genug!“ Euch wird in den letzten Wochen vermutlich aufgefallen sein, dass ich dennoch immer mehr angefangen habe, über meine Projekte zu sprechen. Online und im realen Leben. Um ehrlich zu sein, ist das nicht immer leicht, denn in meinem Herzen bin ich ein unsicherer Mensch. Und neben all der Freude, die ich empfinde, wenn einer von euch hier einen Kommentar schreibt, mir eine persönliche Nachricht da lässt oder mich auf mein Schreiben anspricht, ist da auch immer ein unangenehmes Gefühl, das mich in die Seite sticht. Ich frage mich, ob ich euch allen vielleicht nicht gerecht werde. Ihr, die ihr gerade auf den Bildschirm schaut und euch extra für mich Zeit nehmt. Das ist nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der der Sekundenzeiger irgendwie doppelt so schnell an uns vorbeizurasen scheint. Das ist es wahrlich nicht!
Im Jahr 2014 habe ich mein erstes Buch veröffentlicht. Im stillen Kämmerlein, beinahe unbemerkt, weil ich mich tatsächlich etwas dafür geschämt habe. Nicht, weil ich das Buch nicht mochte, darum ging es gar nicht. Sondern, weil ich dachte, es sei nicht richtig, mich mit derlei Träumereien zu beschäftigen, während andere von morgens bis spät abends in ihrem Job arbeiten und sich tag ein tag aus dafür aufopfern. Einige wenige Menschen wussten natürlich trotzdem davon, viele waren es jedoch nicht. Deshalb war ich sprachlos, als die ersten Rezensionen eintrudelten und wirklich gut ausfielen. Das kam mir wie ein Wunder vor. Nun sind zwei Jahre vergangen und ich bin mutiger geworden. Auch, weil ich weiß, dass ich inzwischen viel Unterstützung habe. Freunde, die an mich glauben, Menschen, die meine Geschichten mögen, Blogger, die ab und an hier vorbeischauen. Für mich ist das mehr wert als die Verkaufszahlen von Amazon oder der Rang meines ebooks auf einer Liste. Denn deshalb habe ich überhaupt angefangen zu schreiben. Ich wollte Geschichten erzählen, die andere interessieren und ihnen etwas mit auf den Weg geben. Wie auch immer dieses „Etwas“ aussieht.
Genau aus diesem Grund habe ich auch mein neues Buch Totenläufer geschrieben. Es ist ein gesellschaftskritischer Roman mit Actionszenen und einigen unvorhersehbaren Entwicklungen. Vier völlig unterschiedliche Personen leben in einer zukünftigen Welt und schaffen es mehr oder weniger gut, sich den Gegebenheiten dort anzupassen. Wer der Protagonist ist, ist nicht sofort klar, denn wie im richtigen Leben, erkennt man meist erst auf den zweiten Blick, was wirklich wichtig ist.
Ihr findet das Ebook derzeit auf Amazon und Neobooks. Thalia, ebook.de und alle anderen Händler werden es im Laufe der nächsten Woche gelistet haben. Vielleicht ist ja der ein oder andere unter euch, der mal ein Buch abseits vom Mainstream lesen und mir eine Chance geben möchte. Ich würde mich wahnsinnig freuen!
In dem Sinne wünsche ich euch allen ein grandioses Wochenende, in dem ihr ja vielleicht spannende, mysteriöse und unglaubliche Dinge erlebt. Bis dahin.
Guten Abend ihr Lesebegeisterten und vermutlich Schreibwütigen,
in den letzten Tagen habt ihr hier auf meinem Blog abgestimmt, welches zweite Projekt ich beim NaNo in Angriff nehmen soll und es haben sich Viele von euch beteiligt. Mit 58,62% ist die Entscheidung recht knapp ausgefallen. Ich danke euch sehr, dass ihr mitgemacht habt.
Das heißt, in diesem Jahr tippe ich mindestens 50.000 Wörter in den folgenden zwei Projekten:
Die Fortsetzung meiner dystopischen Reihe Silver Coin 203. Da ich euch jetzt keine Inhaltsangabe geben kann, ohne zu spoilern, greife ich auf die etwas unpersönliche Kurzzusammenfassung zurück, die ihr dann demnächst im Taschenbuch und ebook finden werdet. Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht übel.
In der Reihe Silver Coin 203 geht es um die künstlich erbaute Insel Red-Mon-Stadt. Ein Ort, an dem der Nutzen einer Person und der Glaube an Sicherheit das Leben der Menschen bestimmt. Im Zentrum der Geschichte stehen vier Protagonisten, die auf ganz unterschiedliche Art und Weise durch die Gesetze der Stadt beeinflusst werden: Eine Verfolgte, die niemandem mehr trauen kann. Ein Soldat, der blind Befehle ausführt. Ein Künstler mit hochgehaltenen Idealen. Und eine Verwaltungsbeamte, deren Motive schleierhaft sind. Alle vier Schicksale verweben sich im Verlauf der Geschichte, ob zufällig oder nicht, und es entbrennt ein Kampf um Überleben, Freundschaft und Macht.
Die Vorexemplare des Prints von Silver Coin sind schon da und an die ersten Leser verschickt.
Ähem, ja … soweit so gut. Ich weiß schon, ich könnte mir ruhig etwas Mühe geben und euch noch mehr Infos zeigen. Es gibt auch wirklich viele Dinge, die ich gern loswerden würde. Angefangen bei der Vergangenheit meiner Hauptpersonen Rina, Neel, Tom und Amanda, die ich im ersten Buch nur angedeutet habe, bis hin zum Plot, dem Anfang von Band 2 und der Frage, wie viele Bände wird es geben. Nur ist ja noch nicht einmal Band 1 erschienen und ich habe im letzten Jahr so häufig über dieses Projekt geschrieben, dass ich ernsthaft fürchte, euch damit zu langweilen. 😉 Aber ja, es ist wirklich mein Herzensprojekt, auch wenn das albern klingt und ich dieses Wort nie benutzen wollte. Wirklich, nie! Ein Zeichen dafür, dass ich dringend von etwas anderem sprechen sollte. Ihr denkt euch sicher schon alle euren Teil. So, jetzt aber Schluss. Das nächste Projekt ist dran!
Licht in Makkuro …
… wird ein Fantasy Kurzroman, der in einer sehr, sehr, sehr dunklen Welt spielt. Kein Scherz, denn in Makkuro gibt es so gut wie kein Licht. Nur manchmal schicken die Oberirdischen einen strahlenden Schimmer an den finsteren Ort und setzen damit ein Zeichen: Wer von euch als erstes das Licht an den Grenzpunkt bringt, darf zurück an die Oberfläche. Die junge Ebony, die es in Makkuro nicht mehr aushält, ergreift diesen Hoffnungsschimmer und muss erfahren, dass es nicht die Finsternis ist, die ihr Angst machen sollte.
Heute Früh habe ich einen groben ersten Plot für die Geschichte konzipiert. Zumindest Anfang und Ende stehen damit fest.
Die Idee zu dieser Geschichte entstand durch einen Wettbewerb des Amrûn Verlags, bei dem ich eine Kurzgeschichte mit demselben Titel eingereicht habe. Dort geht es zwar um einen etwas anderen Schwerpunkt, aber wie es immer ist, aus einer kleinen Idee wird manchmal etwas Großes. Wer sich über den Titel wundert. Makkuro hat nichts mit „Makro“ zu tun, sondern ist das japanische Wort für totale Schwärze. Der ein oder andere hat ja vielleicht schon Chihiros Reise ins Zauberland oder Totoro geschaut? Dort tauchen Rußmännchen auf, die sich wörtlich Makkuro Kurosuke nennen. Die Tiefschwarzen Schwarzen um genau zu sein. Als Fan von so gut wie allen japanischen Dingen, konnte ich nicht widerstehen und habe das Wort in den Titel eingebaut.
Mehrere Rußmännchen aus dem Film Chihiros Reise ins Zauberland.
Wer von euch ist noch beim NaNo dabei und was werdet ihr schreiben? Inzwischen bin ich wirklich aufgeregt und freue mich auf den Startschuss.
Solltet ihr nicht wissen, was der NaNo ist und wozu das Ganze überhaupt gut sein soll, findet ihr ja vielleicht in meinem Beitrag vom letzten Jahr ein paar Antworten. Damals war ich noch totaler Neuling und habe mir einige Gedanken über dieses Konzept gemacht.
Wer einen Roman beendet, stellt sich stets die Frage: Wie geht es weiter? Oder besser: Was werde ich als nächstes schreiben? Und genau vor dieser Entscheidung stehe ich gerade. Wie ich euch hier auf dem Blog mitgeteilt habe, werde ich auch in diesem Jahr an dem Schreibmonat (NaNoWriMo) teilnehmen und an zwei verschiedenen Projekten arbeiten. Projekt eins ist klar: Band zwei meiner Reihe Silver Coin 203. Projekt zwei ist jedoch offen. Da kam mir die Idee, euch in meinen Entscheidungsprozess einzubeziehen und eine Umfrage zu starten. Deshalb stelle ich euch in diesem Beitrag die zwei Projekte vor, die ich gern schreiben möchte. Ich würde mich freuen, wenn ihr am Ende eure Stimme abgebt. Viel Spaß beim Lesen.
Licht in Makkuro
Genre: Fantasy, Grusel
Umfang: etwa 25.000 Wörter
Prämisse: Wovor wir uns wirklich fürchten sollten, sind nicht die dunklen Orte der Welt.
Kurzzusammenfassung: Ebony und ihre Eltern sind vor Jahren nach Makkuro verbannt worden. Ein Dorf, das tief unter der Erde liegt und beinahe vollständig ohne Licht auskommen muss. Die junge Frau erinnert sich noch an eine Zeit, in der sie in strahlendem Sonnenschein lebte und wünscht sich nichts mehr, als endlich dorthin zurückzukehren. Gerade als sie alle Hoffnung verloren hat, taucht unter dem Totenbaum im Zentrum des Dorfes ein helles Licht auf. Das Zeichen dafür, dass die Oberirdischen einem Einzigen die Chance gewähren, oberhalb der Erde das Glück zu finden. Ebony reagiert sofort, schnappt sich das Licht und macht sich auf den beschwerlichen Weg hinauf nach Lichtland. Doch was sie nicht weiß, es ist in Wirklichkeit gar nicht die Dunkelheit, die ihr Angst machen sollte, sondern jene Menschen aus anderen Dörfern, die genauso verzweifelt versuchen, an die Oberfläche zu gelangen.
Sturmgeister
Genre: Geistergeschichte, Psychodrama
Umfang: etwa 25.000 Wörter
Prämisse: Es sind die Geister der Vergangenheit, die uns niemals loslassen.
Kurzzusammenfassung: Yoshitaka ist gerade 21 Jahre alt geworden und damit endlich erwachsen. Einen Tag nach seiner berauschenden Feier im Iizakaya findet er sich plötzlich in einem alten japanischen Haus wieder. An seiner Seite ein merkwürdig affenartiges Tier, das sich nicht abschütteln lässt. Als er nach und nach das Haus erkundet, begegnet er nicht nur völlig verängstigen Menschen, die dort eingesperrt sind und von einem Fluch sprechen, sondern auch Geistergestalten, die aus den Ritzen der Wände kriechen und versuchen, ihn zu töten. Doch was es genau mit diesen Wesen auf sich hat und weshalb sie Yoshitaka so bekannt vorkommen, erfährt er erst, wenn er den Fluch lösen kann. Anderenfalls wird er genauso enden wie alle in dem Haus.
Und nun kommen wir zur Umfrage. Ich weiß, um richtig bewerten zu können, welche Geschichte ihr gern lesen wollt, müsste ich euch wohl noch eine Leseprobe zeigen, allerdings stecken beide Projekte in den Kinderschuhen, weshalb ich darauf verzichte. Wählt einfach das Projekt aus, welches euch spontan und intuitiv am ehesten zusagt.
Ein Testleser schrieb an den Rand meines Manuskriptes folgende Frage: „Ist es genretypisch, wenn deine Geschichte aus der Sicht von mehreren Personen geschrieben ist?“ Eine Frage, die mich ins Grübeln brachte. Ganz automatisch ging ich alle dystopischen Romane durch, die ich in den letzten Jahren gelesen habe und fragte mich, wie viele Blickwinkel verschiedener Personen dort zu finden sind. Das Ergebnis: die meisten zeigen nur einen. Deshalb habe ich mir dazu Gedanken gemacht, wieso dem so ist und diese hier für euch festgehalten.
Was ist eine Dystopie?
Fangen wir erst einmal klein an und wagen uns an eine Definition des Genres Dystopie. Wie bei jedem Genre, ob in der Literatur, der Kunst oder dem Film sind die Begriffsgrenzen nicht scharf und gerade, sondern eher ausgefranst und krumm. Wer ein Genre so halbwegs begreifen möchte, müsste eine Doktorarbeit schreiben und Buch um Buch um Buch durcharbeiten. Das ist für einen Blogbeitrag natürlich nicht möglich, daher beschränke ich mich auf die wesentlichen Fakten und würde mich freuen, wenn im Anschluss eine Diskussion entsteht.
Die Dystopie ist eine Unterkategorie von Science-Fiction. Es geht in Geschichten dieses Genres um Zukunftsvisionen, die ein negatives Gesellschaftssystem zeigen. Kurz, unsere Gegenwart entwickelt sich zu etwas Schlechtem. Meist erwachsen diese Systeme aus einer utopischen und gut gemeinten Grundidee. Zum Beispiel: „Alle sollten gleich sein“, „Weniger Krieg durch das Ausschalten von Gedanken“, „Weniger Kriminalität durch Kontrolle“. Als Autor stellt man sich die Frage, was ist, wenn sich die Dinge in der heutigen Gesellschaft so entwickeln, dass daraus morgen Y entsteht. Künstliche Intelligenz, das Aufkommen des Internets oder aber auch die Ausbeutung der Natur können Themen sein, die diese Gedankenspiele hervorbringen. Es entsteht also eine Welt, die auf unseren technologischen Errungenschaften und Gesellschaftsstrukturen basiert und diese Welt fungiert als Warnung. So könnte es aussehen, wenn wir nicht aufpassen. Die Kritik am heutigen System ist damit ein wichtiger Aspekt der Dystopie. Im Gegensatz zu Science-Fiction geht es zudem nicht vorrangig um die Wissenschaft, sondern um das soziale Zusammenleben und den Umgang mit den Gesetzen in dem System. Deshalb sind Dystopien meist düster und zeigen eine Welt, die schockiert und manchmal abgestumpft ist.
Dieses Foto könnte glatt aus einem dystopischen Film stammen. Tatsächlich zeigt es einen Teil von Shibuya in Japan. Japanische oder ostasiatische Städte stehen oft Modell für Dystopien.
Exkurs: Der Ich-Erzähler und das Jugendbuch
Schaut man sich die Veröffentlichungen im Bereich Dystopie der letzten Jahre an, fällt besonders auf, dass es einen Boom im Bereich Jugendbuch gibt und zudem häufig aus der Perspektive eines Ich-Erzählers* berichtet wird. Die Protagonisten sind oft im Alter zwischen 15-20 Jahre und starten über kurz oder lang eine Revolution gegen das System. Durch das sehr persönliche „Ich“ wird die Distanz zu dem Erzählten aufgehoben und es entsteht eine unmittelbare und oft emotional tiefe Erfahrung. Gefühle werden dadurch direkt gezeigt. Diese Perspektive zu schreiben ist jedoch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint.
Einige Autoren beschreiben, dass es ihnen besonders leicht fällt, im Ich-Erzähler zu schreiben (geht mir tatsächlich genauso). Das liegt meiner Ansicht nach in der Natur der Sache. Da wir im realen Leben auch in einem Ich denken, können wir diese Perspektive recht schnell einnehmen und die erzählten Empfindungen leichter erleben. „Ich schreibe einen Einkaufszettel.“, „Ich lese einen Blogeintrag.“, „Ich habe mich gestritten.“ Die Erfahrungen sind unmittelbarer und nicht so beobachtend wie im Er/Sie-Erzähler. Es ist demnach nicht verwunderlich, warum sich der Ich-Erzähler bei Autoren (und Lesern natürlich!) großer Beliebtheit erfreut. Vielen geht er ganz leicht von der Hand. Doch nur, weil es relativ schnell geht, die Worte zu Papier zu bringen, heißt das nicht, dass diese am Ende auch passend sind. Häufig vermischt sich nämlich unterbewusst die Autorenidentität mit der Erzähleridentität. Das ist jetzt nicht verboten und auch niemals vollständig zu verhindern, aber es kann dazu führen, dass die Persönlichkeit des Erzählers blass oder chaotisch wird.* Es ist schwer, als Autor genügend Distanz zum Ich-Erzähler zu bekommen, um diesen authentisch und logisch stringent zu schreiben. So natürlich auch in einem dystopischen Roman.
Im Jugendroman ist der Ich-Erzähler weit verbreitet. Das liegt, platt gesagt, einfach daran, dass junge Menschen sich mit einem Ich besser identifizieren können als mit einem übergeordneten Er/Sie. Ihre Welt dreht sich häufig um ihre Probleme, ihre Sorgen und ihre Ängste und deshalb lesen sie diese Texte lieber. Allerdings hat diese Perspektive eine ganz besondere Tücke. Ist einem der Erzähler unsympathisch, hat das Buch von vornherein verloren:
„Das kann ganz angenehm sein – vorausgesetzt, dass es sich beim Ich-Erzähler um einen sympathischen Zeitgenossen handelt. Aber man sollte nicht blind darauf vertrauen, denn auch düstere Ekelpakete haben mitunter die eine oder andere spannende Geschichte zu erzählen […]“ (Bücher Wiki)
Wieso ist der Ich-Erzähler für eine Dystopie so attraktiv?
Was ich oben geschrieben habe, wird für die meisten von euch keine Neuigkeit sein, aber ich hoffe, euch anschließend ein paar neue Denkanstöße geben zu können.
Welche Vorteile hat der Ich-Erzähler in einer Dystopie? Zum einen erklärt sich die ungewöhnliche Welt durch die Gedanken der Protagonistin von selbst, zum anderen bleibt offen, was die Umgebung plant. Welche Hürden auf dem Weg bis zum Ziel warten, bleibt dadurch offen und Handlungsverläufe können sich plötzlich, ohne ersichtlichen Grund ,ändern. Als Leser ist man dann genauso wenig informiert wie die Hauptperson und wird unerwartet von einer kritischen Situation in die andere hineingerissen. Noch dazu, ohne zu wissen, was genau diese Situation für Auswirkungen hat. Augenblicklich ist man involviert und fühlt mit den Protagonisten verbunden. Das erzeugt Spannung und macht neugierig auf mehr. Wir leiden mit, nehmen ungewöhnliche Fakten als gegeben hin und können uns recht schnell emotional auf die Illusion einlassen, die da erschaffen wird.
Aber gerade für die Dystopie finde ich diese Perspektive nicht immer ideal. Wieso? Was einerseits ein Vorteil sein kann, birgt auch Schwierigkeiten. Wer eine Geschichte nur aus einer Sicht erzählt, kann die Gedanken anderer Personen nicht einfließen lassen. Das ist keine neue Erkenntnis, ich weiß, aber sie ist im Bereich Dystopie nicht zu vernachlässigen. Eine Dystopie ist meist gesellschaftskritisch und eine Gesellschaft begreift man erst, wenn man die Sichtweise mehrerer Personen darin betrachtet. Ich denke, die Soziologen würden mir zustimmen, sie betrachten ja auch immer Gruppen und nicht Einzelpersonen. Aber gut, es geht jetzt natürlich nicht um eine wissenschaftliche Studie.
Wenn der Protagonist aus einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht stammt, erfahren wir die Gedanken dieser einen Person in dieser einen Schicht. Über andere Schichten oder Menschen erfahren wir nur etwas, wenn es durch Dialoge oder ähnliche Informationsquellen aufgedeckt wird. Zum Beispiel in Form von Propaganda. Der Ich-Erzähler berichtet sehr einseitig und konzentriert sich nur auf bestimmte Sachverhalte, die für ihn als Wahrheit gelten. Dadurch entsteht ein schwarz-weiß Muster. Andere Figuren in der Geschichte werden verteufelt oder in den Himmel gelobt. Je nachdem, ob die Hauptfigur mit diesen Menschen zurechtkommt oder nicht. Es fehlt eine objektive Meinung.
Hinzu kommt, dass es ungewöhnlich sein kann, wenn der Ich-Erzähler uns im Detail die Gesellschaft erklärt, in der er lebt. Genauso wie wir nicht hinterfragen, warum wir eher Brot essen als Reis, wird die Hauptfigur nicht hinterfragen, warum sie bestimmte Dinge tut oder lässt. Derlei Informationen werden oft nur eingebaut, um den Leser von der fremden Welt zu überzeugen, sind aber eigentlich nicht notwendig. Eine Erklärung muss der inneren Logik des Erzählers folgen, ansonsten wirkt sie einfach nicht authentisch.
Bei Tribute von Panem funktioniert die Ich-Perspektive deshalb so gut, weil Katniss in eine völlig neue und ungewohnte Situation stolpert, die sie sich selbst erklärt. Im Zentrum steht ihre Entwicklung, jedoch nicht die detaillierte Beschreibung der Gesellschaft an sich. Die Motive der Rebellen oder auch der Menschen im Kapitol bleiben deshalb bis zum Schluss schwammig. Ein Er/Sie-Erzähler ist im Gegensatz dazu häufig weniger wertend und kann mehr Facetten aufzeigen als der Ich-Erzähler.
Eine Zusammenfassung
Komme ich nun auf meine Ausgangsfrage zurück. Ist es genreuntypisch, mehrere Sichtweisen von Figuren in einer Dystopie darzustellen? Generell nein, aber es gibt derzeit eine Tendenz zum Ich-Erzähler und zum Jugendbuch. Diese beiden bedingen sich gegenseitig und geben dem gesellschaftskritischen Genre emotionale Nähe. Wer jedoch eine Dystopie schreiben möchte, die sich auf die Gesellschaft und die Kritik an ihr konzentriert, erzeugt mehr Tiefe, in dem er verschiedene Sichtweisen aufzeigt. Wie im realen Leben erkennt man die Schwierigkeit einer Sache erst, wenn man die Summe vieler Gedanken zusammenfügt. Und meist gibt es dabei kein einfaches Schwarz und Weiß.
Mich würde nun interessieren, wie ihr darüber denkt. Gibt es die Eine Erzählperspektive in der Dystopie oder ist es eigentlich immer eine Frage des: Was will ich und wie setze ich es um? Ich freue mich über eure Kommentare.
Letztes Wochenende lief die Aktion #Buchpassion, die das Hobby Lesen wieder mehr in den Vordergrund rücken möchte und sagen will: Lesen ist nicht langweilig. Da dachte ich mir, ein Statement zu diesem Thema darf auch auf meinem Blog nicht fehlen. Und es geht vor allem um die Frage: Welches Buch hat mich am meisten beeinflusst.
In dem Haus, wo ich aufgewachsen bin, waren Bücher überall. In Regalen, in Vitrinen, in meinem Zimmer, auf dem Couchtisch, und sie galten als etwas Besonderes, waren gleichzeitig aber auch etwas Selbstverständliches. So wie Gläser in einem Küchenschrank. Deshalb kann ich mich auch nicht daran erinnern, wie ich mein erstes Buch aufschlug. Es war mehr der Weg in die Bibliothek, der sich einprägte. Raus aus dem Auto, über die Straßen, die Stufen hoch, rein ins Gebäude und dort den Geruch von Papier einatmen. Trotzdem gibt es für mich dieses eine Buch, mit dem irgendwie alles angefangen hat.
Ich muss so etwa 13 Jahre alt gewesen sein, da hört ich von meiner Freundin aus der Schule etwas über einen merkwürdigen Autor namens: Stephen King. Ein Autor, den sie damals wohl als „total spannend“ bezeichnete. Nichts für schwache Nerven, aber richtig, richtig gut. Also dachte ich mir, versuchen wir es mal nicht in der Bibliothek (dazu hätte ich mich ja gedulden müssen) und durchforstete die Bücherregale unseres Hauses. Und tatsächlich: da war es. Hinten mit Lesefalten, an den Rändern abgeknickt und dick wie kein Buch, das ich je zuvor in den Händen gehalten hatte: „Das letzte Gefecht“. Ein Wälzer von gut 1000 Seiten. In dem Moment, als ich es in den Händen hielt, wusste ich: Dieses Buch wirst du besiegen. Aus heutiger Sicht klingt das dramatisch und ich stelle mir vor, wie ich mit Siegerpose im Zimmer stand und mich anfeuerte. In Wirklichkeit war das ein ganz gewöhnlicher Moment. Nicht besonders eindrücklich, emotional oder euphorisch. Aber, ich werde ihn niemals vergessen. Der Grund war das, was danach folgte.
Ich habe das Buch überall mit hingeschleppt und in jeder freien Sekunde gelesen. Ich redete mir ein, es sei das beste und großartigste Buch auf der Welt und niemand außer mir versteht es so gut wie ich. Dass es streckenweise langweilig war, interessierte mich dabei gar nicht. Ich mochte den harten und teils vulgären Ton genauso wie die düstere Stimmung, die durch jeden Satz zu spüren war. Es hat irgendwie gepasst. Dieses Schauermärchen von einer untergehenden Welt, in der sich Parteien formieren und einander bekämpfen. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Von „The Stand“ hatte ich eine ganz alte Version von Bastei Lübbe zu Hause. Es war ein Leihexemplar von jemandem und sah deshalb ungewöhnlich abgenutzt aus. Aber genau das verlieh ihm seinen eigenen Charme.
Und plötzlich wollte ich es auch, ein Buch schreiben. Natürlich hatte ich schon vorher den ein oder anderen Text verfasst (Final Fantasy Fanfictions waren das), aber es waren immer Kurzgeschichten oder Ideen, die ich nach einigen Seiten abbrach. Das wollte ich unbedingt ändern. Ich setzte mich hin und schrieb. Seite, um Seite, um Seite. Ich bin sogar extra früh am Morgen aufgestanden, nur um mein Soll zu erfüllen. Natürlich schrieb ich handschriftlich, weil das so „cool“ aussah. Bis ich 100 Seiten Text vor mir liegen hatte und das erste Mal ENDE unter ein Projekt schreiben konnte. Zu der Qualität dieses Textes äußere ich mich lieber nicht, er verstaubt in irgendeinem Ordner und will nicht mehr gelesen werden. Aber ich dachte: WOW, du wirst der nächste Stephen King, kaufst dir eine Villa und regierst die Welt. Na ja, so oder so ungefähr war das.
Kommen wir jedoch zurück zum Punkt. Stephen King hat mich jahrelang begleitet. Ob es „Stark the dark half“ war, „Friedhof der Kuscheltiere“ oder „Duddits Dreamcatcher“, das bis heute zu meinen Favoriten zählt, ich habe jedes seiner Bücher verschlungen. Seine Geschichten haben mich sehr stark beeinflusst und sind vermutlich der Grund dafür, weshalb ich bis heute keine romantische Liebesgeschichte schreiben/lesen kann, sondern eher auf Action stehe, wo auch mal Blut spritzt. Heute lese ich King nicht mehr. Er schreibt zu langatmig und nicht über die Themen, die mich interessieren. Trotzdem war er es, der mich und meine kleine Welt verändert hat. Ohne, dass ich es selbst gemerkt habe. Bücher können so toll sein! 😀
Und da wir beim Thema Lesen sind, die Lektorin Victoria Linnea hat eine Umfrage erstellt, mit der sie herausfinden möchte, warum wir bestimmte Bücher vorzeitig weglegen und andere nicht. Es wäre schön, wenn ihr euch zwei Minuten Zeit nehmt und eine Antwort abgebt. Sie wird die Umfrage demnächst auf ihrem Blog auswerten. Meine No-Gos sind ja ganz persönlich Klischees und eine passive Frauenrolle. Da sehe ich mich stets selbst im Buch stehen, als Opfer stigmatisiert und zu nichts weiter zu gebrauchen als zum … Na, ihr wisst schon. Geht gar nicht!
Hier der Link zur Umfrage: Die Fehler der anderen Autoren