… Statusupdate #1: Hurt No One …
Mein letzter Beitrag handelte von Vorsätzen und deren Sinn oder Unsinn. Heute soll es um eines meiner Ziele gehen: Die Veröffentlichung meines Science-Fiction Romans „Hurt No One“ im Herbst. Noch ein Beitrag über ein Romanprojekt, werdet ihr jetzt denken und auf Schließen drücken. Aber Halt! Nicht so schnell. Es springt auch für euch etwas dabei heraus. Es geht hier nicht um meine Höhen und Tiefen, sondern um die einzelnen Schritte im Entstehungsprozess. Ihr seid also live dabei, wie mein Roman entsteht und könnt prüfen, ob ich meinen Job auch wirklich ordentlich mache.
Schreibprozess: Wie weit bin ich eigentlich?
Auf den ersten Blick ist das die wichtigste aller Fragen. Hab ich schon alles fertig geschrieben? Fehlt da noch etwas? Um es kurz zu machen: Mein Projekt befindet sich in der Überarbeitungsphase. Das heißt, der unliebsame, stressige und nervenaufreibende Teil hat begonnen. Für eine Seite brauche ich bis zu drei Stunden. Zumindest wenn ich schlechte Laune habe. Aber lassen wir das, ich bin natürlich immer gut gelaunt! So wie ihr und alle anderen da draußen!
Jeder Autor hat sein eigenes Überarbeitungssystem. Ich teile meines in vier Schritte und gehe diese Kapitel für Kapitel durch:
- Schritt 1) Korrektur grober Sinnfehler, Rechtschreibung, Grammatik im Word-Dokument mit etwa zwei oder drei Runden.
- Schritt 2) Überlegung zur Kapitelstruktur und inhaltlicher Logik auf einem Ausdruck mit rotem Stift (sehr demotivierend, aber leicht zu lesen, siehe Bild unten)
- Schritt 3) Korrektur, nachdem die ersten Testleser gelesen haben.
- Schritt 4) Finaler Durchgang mit Rechtschreibprüfung nach dem zweiten Testlesen.
Derzeit bastele ich am ersten Kapitel in Schritt 2. Vom eigentlichen Manuskript fehlt mir nur noch der Showdown, das Sahnehäubchen. Den schreibe ich allerdings erst, wenn die chaotische Struktur, entstanden durch das schnelle Schreiben im NaNoWriMo, sortiert ist. Erst dann kann ich leicht Querverweise zum Anfang ziehen und offene Fragen beantworten.
Ein Cover braucht Bedenkzeit …
… weshalb ich mir in der letzten Woche Gedanken über das Titelbild gemacht habe. Es soll düster sein, muss den Geist der Geschichte enthalten und trotzdem genügend Anziehungskraft ausüben, damit überhaupt jemand zugreift. In dem Zusammenhang ist eine Skizzen entstanden, die ich euch nicht vorenthalten will:

Ich schwanke zwischen zwei Möglichkeiten: Entweder wird es fotorealistisch oder aber eine Variante mit comichafter Tendenz. Ich meine damit nicht, dass ich Comicfiguren auf dem Titelbild möchte. Ich stelle mir viel eher vor, dass die Menschen schattenhaft sind und mit groben Zeichenstrichen gemalt werden. Letztere Variante erfordert natürlich sehr viel zeichnerisches Können (allein schaffe ich das sicher nicht). In beiden Fällen möchte ich keinesfalls Gesichter oder zu klare Formen, damit ihr kein zu eindeutiges Bild meiner Protagonisten bekommt. Es lebe die Fantasie! Es reift in jedem Fall die Überlegung, einen professionellen Coverdesigner zu engagieren, damit euch mein Cover auch wirklich umhaut.
Der rote Faden entsteht nur, wenn die Struktur stimmt
Seit ich von einer Lektorin gehört habe (2012), dass eines meiner Manuskripte stilistisch und sprachlich zwar überzeugt, aber die Struktur ausbaufähig ist, nehme ich mir für die Struktur viel Zeit. Ich nutze kleine Karteikarten, die ich mit den Kapitelinhalten beschrifte und schiebe sie hin und her, bis mir klar wird, was ich brauche und was nicht. In den letzten Tagen musste ich deshalb einige Kapitel löschen und an anderen Stellen Szenen einfügen. So langsam entsteht ein rundes Gesamtbild und der rote Faden wird sichtbar. Wichtig sind mir dabei auch Schlagwörter oder offene Fragen, die ich später in den Text einbaue. Wenn das Ganze fertig ist, sieht es am Ende ungefähr so aus:

Die Sache mit dem Titel …
… ist wirklich unglücklich gelaufen. Vielen von euch gefällt der Titel „Hurt No One“ sehr gut. Mir gefällt er auch, leider. Nur kann ich ihn für das endgültige Buch nicht übernehmen, da es der Songtitel einer meiner Lieblingsbands ist. Ich würde mich also nur in die Copyright-Nesseln setzen und das wäre unschön. Also muss ein neuer Titel her. Brainstorming ist angesagt. Inzwischen habe ich mehrere Blätter mit möglichen Varianten vollgeschmiert, bin der Lösung aber noch immer nicht näher gekommen. Fakt ist: Ich brauche einen Übertitel für die Trilogie und einen Untertitel. Der Untertitel ist kein Problem, den habe ich für Band eins schon seit zwei Monaten. Der eigentliche Trilogietitel bereitet mir jedoch Kopfschmerzen. Er soll den Inhalt aller drei Teile widerspiegeln, am besten schon den Konflikt andeuten und dennoch aussagekräftig sein. Der gleiche Nenner in meiner Trilogie ist die fiktive Stadt, in der alles spielt. Sie trägt den Namen „Red-Mon-Stadt“. Aber so ein Titel ist weder aussagekräftig noch deutet er einen Konflikt an. Mal sehen, was ich da tun kann.
Science-Fiction braucht eine eigene Welt: Ein Glossar entsteht
Da mein Projekt nicht einfach nur SF ist, sondern es sich im Speziellen um eine Dystopie handelt, brauche ich eine ganz eigene Welt mit ganz eigenen Regeln. Ein paar davon habe ich euch schon in meiner Kurzvorstellung Hurt No One beschrieben, aber das war eben nur die Spitze einer Welt, mit der ich mich schon seit mehr als zwei Jahren beschäftige. Aus diesem Grund habe ich ein Glossar mit allen wichtigen Begriffen, Institutionen oder Personengruppen erstellt. Für euch ein noch nicht ganz perfekter, aber exklusiver Auszug daraus:
Die Nutzversicherung bescheinigt den Nutzen einer Person für Red-Mon-Stadt. Es ist ein schriftliches Dokument, das jeder Bürger zu unterzeichnen hat. Dort wird einerseits die Art des Nutzens und andererseits die Eignung für diesen festgelegt. Der Nutzen einer Person wird durch einen Test ermittelt. Dieser Test bezieht sich nicht ausschließlich auf die Benotung durch schriftliche oder mündliche Prüfungen, sondern geht auch auf angeborene Talente oder die Persönlichkeit ein. Änderungen können im Nachhinein beantragt werden. Personen ohne Nutzversicherung, die sich in Red-Mon-Stadt aufhalten, sind keine offiziellen Einwohner der Stadt und gelten als PON (Person ohne Nutzen) und sind als Gefahr einzustufen.
Damit beende ich mein Statusupdate und wünsche euch eine wundervolle Restwoche. Macht was draus. Ihr hört von mir. Und solltet ihr selbst gerade an einem Buchprojekt sitzen, hinterlasst mir einen Kommentar, wir können uns gern darüber austauschen.
Bis dahin
+ Mika +
Ich fand den Einblick super spannend. Besonders gerne sehe ich deine Bilder und Skizzen – die wirken immer so super professionell und durchdacht. Bin richtig neidisch 🙂 (Schreibe übrigens auch gerne mit verschiedenen Farben in Manuskipte und ähnliches – du solltest mal meine Vorlagen für Prüfungslektionen sehen… richtig bunt).
Und der Abschnitt über Nutzen… Langsam bin ich mir sicher, dass unsere Geschichten wirklich in derselben Welt spielen. Das könnte ich 1:1 für meine Welt unterschreiben (habe es so ähnlich konzipiert, aber anders aufgedrückt. Da ich auf Englisch geplant habe, war mein Wort ‚purpose‘; und ‚defying your purpose‘ wird als eines der schlimmsten Verbrechen angesehen).
Last but not least: die Sache mit dem Titel. Auch das kenne ich. Ich hab mal (zu Fanfiction Zeiten) eine Geschichte mit mehreren Kapiteln geschrieben und das einzige, was mir am Ende zum Hochladen fehlte, war ein Titel. Ich hab dann letztlich einen zentralen Ausdruck zum Titel gemacht (ähnlich wie bei ‚Solving Puzzles‘), aber manchmal ist es einfach extrem schwer. der Titel ist so wichtig, er soll das Buch in wenigen Worten beschreiben, einen Konklikt andeuten, Spannung versprechen, Neugier wecken und dazu noch möglichst einzigartig sein (Alleinstellungsmerkmal).
Für zwei meiner vier Projekte hab ich wirklich nur Arbeitstitel, da ich keine wirklich gute Idee für einen richtigen Titel habe (und die anderen beiden haben englische Titel, die eventuell so nicht umsetzbar sind, falls ich auf Deutsch schreiben sollte. Und ja, beide sind nicht übersetzbar, da die Doppeldeutigkeit in der deutschen Version verloren gehen würde).
Bist du übrigens sicher, dass Hurt No One nicht ginge? Ist ja nicht so, dass man automatisch an das Lied denkt, und ausserdem sind Sätze urheberrechtlich nicht so einfach schützbar. Zudem ist die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen – das eine ist ein Lied, das andere ein Buch. Ich könnte ja mein Buch auch „I will always love you“ nennen; glaube nicht, dass es da Probleme gäbe.
Ansonsten… Irgendwas mit Stadt? („Stadt der/des…“) Aber irgendwie klingt das mehr nach Untertitel als nach Serientitel. Hmmmm… müsste irgendwas mit Neel oder Rina zu tun haben; oder mit dem zentralen Konflikt. Schwierig. Ich würde aber erst mal weiter schreiben; manchmal schreibt man eine bestimmte Passage und hat dann plötzlich DIE Erkenntnis.
Bei meiner einzigen Trilogie-Idee wäre der englische Titel derzeit „Growing Resistance“ (ich wollte etwas, das mit Blumen/wachsen zu tun hat – und hier ist die nette Doppeldeutigkeit, das ‚growing‘ ein Adjektiv oder eine Verbform sein kann, also wahlweise ‚wachsend‘ oder ‚zum Wachsen bringen/heranziehen‘). Die Untertitel wären jeweils Blumennamen (und zwar symbolisch verknüpft mit der jeweiligen Figur, deren Hintergrund neben der eigentlichen Handlung näher beleuchtet wird). Nicht sicher, ob das zu kitschig wird, aber es wird eh noch ne Weile dauern, bis ich da zum Schreiben komme.
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Ich danke für den ausführlichen Kommentar, da war wie immer viel dabei, was ich gebrauchen kann. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich würde den Titel unwahrscheinlich gern beibehalten, aber als ich mich vor Kurzem mal zu dem Thema schlau gemacht habe, ging es vorrangig darum, dass bestimmte Ausdrücke schützenswert sind und manche nicht. Ein Buch oder Lied mit dem Titel „Haus“ ist eben nicht schützenswert, aber ein Titel wie „Haus aus Glas“ schon. Ich müsste da mal einen Fachmann fragen, weil ich mich dazu viel zu wenig mit den Gesetzen auskenne. Es wäre unglaublich, wenn ich den Titel verwenden könnte. Allerdings ist „Hurt No One“ auch nicht gerade alltäglich und meiner Ansicht nach durchaus „schützenswert“, da es ein gewisses Alleinstellungsmerkmal hat. Und ja, eine deutsche Übersetzung, die halbwegs den gleichen Sachverhalt ausdrückt, fällt mir einfach nicht ein. „Schade niemandem“ oder „Verletze niemanden“ ist einfach nicht korrekt.
Ich warte übrigens sehr darauf, dass du Solving Puzzles beendest. Ich denke, ich würde die Geschichte einfach nur lieben.
PS: Zu den Bildern: Danke für das Lob. Leider habe ich zum Zeichnen viel zu wenig Geduld. Es bleibt meist bei groben Skizzen.
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Ein sehr schöner Beitrag!
Gefällt mir, wie Du an Dein Buch herangehst, vor allem, weil es so durchdacht und sorgfältig aussieht. Meine Herangehensweise ist da eher chaotisch und undurchdacht, aber naja…
Ich würde den Titel auch lassen. Weißt Du, wie oft bestimmte Sachen doppelt in der Welt vorkommen? Und bei Dir geht es ja nicht um denselben Buchtitel, sondern um ein Lied, mehr nicht. Ehe Du Dich mit einem anderen Titel also unwohl fühlst, würde ich den lassen.
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Danke für das Lob und den Kommentar. Ich bin an sich schon ziemlich chaotisch, aber in einer anderen Art und Weise. Ich will immer alles auf einmal und muss mich sehr zurückhalten. Das klingt in dem Beitrag natürlich anders, aber hier überdenke ich ja auch meinen Schreibprozess und sortiere vernünftig. Von daher ist die Hauptsache, dass wir dran bleiben! Und bei dir bin ich sehr zuversichtlich. :3
Ich denke, wenn ich einen guten Titel finde, dann fühle ich mich nicht unwohl, aber bisher ist mir noch nicht die richtige Idee gekommen. Mal sehen, bis Herbst ist ja noch Zeit.
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Hey Mika, super ausführlicher Beitrag!
Dass du Bilder eingefügt hast, finde ich super. Echt interessante Idee mit den Karteikarten, damit du eine Übersicht kriegst! Wirklich cool.
Warum nennst du die Reihe nicht Red-Mon-Stadt? Ich finde das Irgendwie lockend. Es ist so ein eigener Begriff und irgendwie hat er etwas mystisches…
Bei deiner ausführlichen Überarbeitung merke ich, dass ich zu wenig Zeit für die Korrektur einplane. Daran muss ich dann wohl arbeiten!
Ich bin super neugierig auf deine Fortschritte. Echt klasse, dass du durch NaNoWriMo so weit kommen konntest.
X
Sarah
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„Echt klasse, dass du durch NaNoWriMo so weit kommen konntest.“ Auch weil ich so viel Unterstützung bekomme. 🙂 Es macht einfach Spaß, sich auszutauschen und Gleichgesinnte zu treffen, egal ob online oder anderswo.
Bei den Fotos habe ich übrigens stets die Angst, meine Beiträge zu überfrachten, daher freut es mich, dass sie dir gefallen. Gutes Schaffen noch!
+ Mika +
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Sehr inspirierender Beitrag. Macht Mut selbst ein Buch zu schreiben. Danke!
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